Blick in die Geschichte

Das Rhöner Adelsgeschlecht der Ebersberger trug die sogenannte "Fränkische Lilie" in ihrem Wappen. Dieses Zeichen aus der über 800 Jahre alten Geschichte findet sich auch heute noch im Wappen der Gemeinde Ebersburg. Die Herren von Ebersberg besaßen ursprünglich "Land und Leute" rund um den Ebersberg und somit u. a. die heutigen Ortsteile Ebersberg, Ried, Schmalnau, Thalau und Weyhers. Die Bedeutung der strategisch günstig gelegenen Ebersburg lässt sich noch in der heutigen Ruine nachempfinden.

Von der alten Wasserburg der Herren von Ebersberg, genannt - "von Weyhers" - sind in dem gleichnamigen Ortsteil Weyhers nur noch Reste vorhanden. Ein richtiges Schmuckstück ist das im Jahr 2006 restaurierte ehemalige Vogteihaus aus dem Jahre um 1600, das früher mit der Burg durch eine Zugbrücke verbunden war. Das Haus ist bei den älteren Einwohnern noch als "Mittelwirts" bekannt, denn hier befand sich noch bis zum Jahe 1979 eine Gaststätte.

Sehr gut erhalten ist das in der bayrischen Zeit von 1844 - 1846 erbaute Amtsgericht, das heutige DRK-Seniorenzentrum Bruder-Konrad, in der Ortsmitte. Die Kirche von Weyhers stammt aus dem Jahre 1848 und besitzt einen alten Taufstein von 1520. Als weiteres Zeugnis der bewegten Geschichte ist noch der südwestlich von Weyhers gelegene Weikardshof, ein altes Hofgut mit barocken Sandsteingebäuden, zu nennen. Hier wird u. a. eine Gaststätte betrieben, die sich hervorragend als Ausflugsziel eignet. Das heutige Gebäude der Gaststätte wurde auf einer älteren Anlage erbaut. Hier richtete der damalige Besitzer Ignaz Weikard bereits eine Gaststätte sowie eine Schnapsbrennerei ein. Auf dem Gelände sind noch zahlreiche alte, tiefe Brunnen vorhanden.

Der an der Fulda gelegene Ort Ried wird erstmals 1160 urkundlich erwähnt und verdankt seinen Namen wohl der Lage in der Flussaue. Mit "Ried" bezeichnete man früher Niederungen an Flussläufen mit hohem Grundwasserstand und entsprechenden feuchtigkeitsliebenden Pflanzen. Seit über 500 Jahren - wenn nicht noch länger - ist die Kirche in Ried der Mittelpunkt des Dorfes. Sie ist eine der am besten erhaltenen Wehrkirchen im Landkreis Fulda. Im alten Altarraum der Kirche befindet sich heute noch ein Kreuzrippengewölbe aus 1646. Ebenso sind der alte Kirchturm und die spätmittelalterliche Kirchhofbefestigung mit Mauer noch gut erhalten.

Ein historisches Ereignis für die Ortsteile Ried und Schmalnau war sicherlich der 01.10.1888, als die Eisenbahnstrecke Fulda - Gersfeld feierlich eröffnet wurde. Nach einer Bauzeit von ca. 5 Jahren waren die Bauarbeiten damals endgültig fertiggestellt. Interessant ist hierbei, dass die ursprüngliche Linie nach Poppenhausen und nicht nach Gersfeld führen sollte, aber auf Einspruch der Brauerei in Poppenhausen wurde dieser Plan in letzter Minute geändert. Auch heute noch ist die Rhönbahn auf der Strecke Fulda - Gersfeld unterwegs.

Ebenso wie Ried und Schmalnau teilt auch der Ort Thalau die Geschichte der Herren von Ebersberg. Das südöstlich gelegene Dorf Thalau ist ca. 750 Jahre alt. Die heutige Kirche stammt aus 1860 und ersetzt eine Kapelle von 1600.

Die Ebersburg

Gleichsam als Wahrzeichen Ebersburgs überragen die Gemeinde die beiden weithin sichtbaren Burgtürme (die der Volksmund "Eberszwackel" nennt) auf dem fast 700 m hohen Ebersberg.

Wann hier eine Burg errichtet wurde, weiß man nicht. Doch die mächtigen Buckelquadern, aus denen der Unterteil des Viereckturmes besteht, lassen ein stauferzeitliches Bauwerk (um 1200) vermuten. Bekannt sind jedoch die Erbauer der Burg, die Herren von Ebersberg, die entweder ihrem Stammsitz diesen Namen gaben oder aber sich nach dem Berg nannten. Sie standen wohl schon früh im Lehnsverband mit den Fuldaer Äbten, lagen aber - wie auch andere Adelsgeschlechter in der Rhön - oft in Fehde mit ihren Lehnsherren.

Als Abt Bertho II. von Leibolz (1261 - 71), der wegen seiner kleinen Gestalt abschätzig „Abt Fingerhut" genannt wurde, dazu überging, die Burgen seines unbotmäßigen Adels zu brechen, und während dieser Zwistigkeiten Hermann von Ebersberg hinrichten ließ, empörten sich Ritter und ermordeten ihn während der Messe in der Jakobskapelle zu Fulda.

Ob nun die Ebersburg erst nach dieser Tat oder schon vorher zerstört worden ist, sei dahingestellt. Jedenfalls lag sie lange in Trümmern und wurde erst im 14. Jahrhundert von den miteinander verwandten und verbündeten Geschlechtern derer von Ebersberg, von Weyhers, von Schneeberg und von Steinau-Steinrück zunächst ohne Zustimmung des Abtes wieder aufgebaut.

Johann I. von Merlau (1395 - 1440) genehmigte zwar nachträglich den Wiederaufbau (1396), veranlasste aber die Ritter, ihre Lehnspflicht anzuerkennen und verbot, die Burg oder Teile davon an fremde Herren zu versetzen oder zu verkaufen. Überliefert sind zahlreiche Lehnsbriefe, Burgfriedensverträge und Rechnungen über Aufwendungen für die Erhaltung der Burg. Sie geben indirekt Kunde von unruhigen Zeiten, auch von einer erneuten Fehde mit dem Fuldaer Abt Reinhard von Weilnau (1449- 76), bei der neben Poppenhausen auch die Ebersburg erobert wurde. Sie zeigen ferner, dass im Laufe der Zeit außer den Ebersbergern noch zahlreiche andere Adlige dem Burgfrieden beitraten und „Ganerben" hier wurden. Die damals abgeschlossenen Burgfriedensverträge lassen erkennen, dass die Burg noch bis in das 16. Jahrhundert dauernd besetzt, wenn auch nicht mehr von mehreren Familien bewohnt war. Die Ganerben blieben jedoch weiter verpflichtet, die Kosten der baulichen Unterhaltung zu tragen und der Reihe nach und längerfristig (oft ein Jahr) dort oben zu „haushalten". Sie mussten Knechte und Wächter anwerben und Waffen (z.B. Armbrüste und Pfeile) und Vorräte einlagern. Einmal wöchentlich sollte sogar in der Burgkapelle eine Messe gehalten werden.

Obwohl die Burg im 16. Jahrhundert militärisch bedeutungslos wurde und allenfalls bei kleineren Auseinandersetzungen Schutz bot, blieb sie doch für die adligen Familien ein einendes Band und förderte die Tradition. Darüber hinaus waren mit dem Burgsitz zahlreiche Rechte verknüpft, vor allem das Gericht „auf der Hart", das im Ort Lütter gehalten wurde und zu dem die Bewohner aller Ortschaften im Raum Gersfeld - Poppenhausen - Weyhers gehörten.

Leider gibt es keine Berichte darüber, welche Rolle die Ebersburg im Bauernkrieg spielte. Vermutlich wurde sie nicht verteidigt, blieb aber seitdem verlassen. Gelegentlich legten die Ganerben noch Missetäter ihres Gerichtsbezirks in den Turm; im übrigen zerfiel die Burg langsam und stetig. Erst in der letzten Phase des Dreißigjährigen Krieges, ab 1646, erfüllte sie nochmals ihre eigentliche Funktion, nämlich den Bauern der umliegenden Orte Zuflucht zu gewähren. Diese durften nach Zahlung eines jährlichen Pachtgeldes sich samt Vieh und Getreidevorräten hinter den festen Mauern in Sicherheit bringen. Diese Vergünstigungen nahmen sie bis zum Abzug der Schweden aus Deutschland (1650) in Anspruch.

Aus dem damals geschlossenen Vertrag geht hervor, dass die Pächter während dieser vier Jahre auch das Mauerwerk ausbessern mussten, so dass anzunehmen ist, dass die Burg zumindest nach außen in ganz passablem Zustand war. Das mag dann vierzehn Jahre später die Nachfahren der einstigen  Ganerben  in  einer  romantischen Anwandlung bewogen haben, anstelle der verfallenen Wohngebäude ein einfaches Fachwerkhaus zu errichten, das wohl nicht lange bestand. Von da ab kümmerte sich niemand mehr um das alte Gemäuer. Wind und Wetter setzten ihm zu und die Bauern aus Neuwart (am Fuß des Berges) holten sich verwertbares Baumaterial.

Auf die Dauer hätte dieser Zustand wohl dazu geführt, dass die Ebersburg das Schicksal vieler Ruinen geteilt hätte und auch zum Steinbruch geworden wäre. Im Zeitalter der Romantik, also um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, erinnerte man sich wieder der verfallenen Burgen und Schlösser. Sie wurden nun zu Besuchszielen für die Bevölkerung und als Denkmäler der nationalen Geschichte gepflegt.

Es ist der Verdienst des damaligen königlich-bayerischen Landrichters Geigel zu Weyhers den weiteren Verfall der Ruine aufgehalten zu haben, indem er staatliche Mittel für die dringendsten Unterhaltungsmaßnahmen  beantragte  und schließlich (1853) auch erhielt. Damit konnte vor allem der Viereckturm instandgesetzt, als Aussichtsturm mit Dach und Treppe hergerichtet und mit Zinnen versehen werden.

Seitdem hat der Staat, dem der Ebersberg gehört, immer wieder beträchtliche Mittel aufwenden müssen, um dieses bedeutende Baudenkmal und Besuchsziel zu erhalten. Auch der Naturpark Hessische Rhön hat dabei mitgewirkt und den Parkplatz am Fuß des Berges und das Schutzdach an der Mauer der Vorburg bauen lassen. Auch die Bänke und Sitzgruppen und kleinere Instandsetzungsarbeiten gehen auf sein Konto.

Die Burgengeschichte wäre unvollständig, wenn nicht auch etwas über die Baugeschichte ausgesagt würde.

Dr. Gotthold Wagner aus Göttingen und Dr. Fritz Luckhard aus Weyhers (der Erforscher der Geschichte des Ebersberger Geschlechts) haben 1956 - 58 im Burggelände Ausgrabungen vorgenommen und konnten dabei interessante Einblicke in einzelne Bauphasen gewinnen. Danach ist die heute sichtbare Ruine der Rest der Hauptburg, während von den beiden Vorburgen nur noch geringe Mauerspuren übriggeblieben sind. Ferner ergab sich, dass die beiden Zugänge zum heutigen Burghof erst später in die Mauer gebrochen worden sind und das einstige Burgtor auf der Westseite des Rundturms lag. Auch die Tür zum Rechteckturm war vor der Renovierung (1854) nicht vorhanden. Der Turmeingang lag vielmehr (wie beim Rundturm) auf halber Höhe, und das Untergeschoß war vermutlich mit Schutt aufgefüllt, den man damals beseitigte, um die Treppe einhauen zu können.

Die Skizze gibt die Befunde der damaligen Ausgrabung wieder, die aus Zeit- und Geldmangel leider nur Stückwerk blieb. Man fand viel Keramik, einige Hufeisen und andere Eisenteile. Auch der Scheitel der Gewölbedecke eines Kellers kam zum Vorschein, blieb aber unangetastet. Die Grundmauern des bereits erwähnten Hauses von 1664, von dem man aus Archivalien wusste, konnten  fast  vollständig verfolgt werden. Nach Abbruch der Grabung, die viele Fragen unbeantwortet  ließ,  musste wieder alles verschüttet werden, so dass die Besucher die alten Mauerzüge nicht erkennen können. Bemerkenswert ist der kleine Keller in der Vorburg, der nach der Überlieferung der Stall des Esels gewesen sein soll, der das Wasser von einer Quelle am Fuß des Berges holen musste, da die Burg keinen Brunnen besaß, also auch nur zeitlich begrenzt verteidigt werden konnte.

Wie die Burg einst ausgesehen haben mag, zeigt die phantasievolle Zeichnung am Seitenanfang.

Text von Willy Kiefer, Fulda